Durch M-Commerce scheint ein größeres Haftungsrisiko auf Internethändler zuzukommen. Mit Mobile Commerce (kurz M-Commerce oder MC) bezeichnet man ganz allgemein alle Transaktionsformen, bei denen zur Leistungsanbahnung, Leistungsvereinbarung oder Leistungserbringung mobile elektronische Kommunikationstechniken (wie z. B. Mobilfunk, Wireless LAN oder Bluetooth) in Verbindung mit mobilen Endgeräten eingesetzt werden (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mobile_Commerce). Nachdem der Produktverkauf über Mobiltelefone lange mangels ausreichender Akzeptanz auf Nutzerseite als unrentabel galt, demonstrierte das kalifornische Unternehmen Apple Inc. mit Einführung des iPhone und dessen Shopping-Applikationen, welches Absatzpotential tatsächlich im M-Commerce liegt. Aktuell schießen „Apps“ wie Pilze aus dem Boden, es herrscht regelrechte Goldgräberstimmung. Welche rechtlichen Risiken M-Commerce mit sich bringt, ist gleichzeitig weitestgehend unklar. Nun sorgt der Dauerstreit zweier Kirschkernkissenhändler für mehr Licht im Dunkel.
Mit Urteil vom 16.6.2009, Az. 4 U 51/09 entschied das OLG Hamm zunächst zwischen den Parteien, dass gesetzliche Pflichtangaben auch bei für Handys und Smartphones optimierten Internetadressen vollständig aufgeführt werden müssen. Die entgegengehaltenen Platzmängel seien kein Grund dafür, unvollständig oder überhaupt nicht zu informieren.
Nun ging der Streit in die zweite Runde: Einer der Händler hatte festgestellt, dass sein Konkurrent auf einer Online-Handelsplattform tätig war. Die über den PC-Browser aufrufbaren Artikelangebote genügten zwar (wohl) den gesetzlichen Anforderungen. Aufgrund einer „Optimierung“ des Plattformbetreibers waren alle geschalteten Angebote automatisch aber auch über eine Shopping- Applikation auf mobilen Geräten abrufbar, ohne dass dem Konkurrenten dies bewusst war. Bei Aufruf der Angebote über ein Apple iPod Touch zeigte die „iPhone-App“ mehrere gesetzliche Pflichtangaben gar nicht oder nur in verkürzter Form an. Konkret fehlten ausreichende Angaben zum Widerrufsrecht, zur Anbieterkennzeichnung oder darauf, ob die angegebenen Preise Umsatzsteuer enthielten oder nicht – im traditionellen E-Commerce klare Wettbewerbsverstöße.
Der Händler erwirkte daraufhin zunächst eine einstweilige Verfügung gegen seinen Konkurrenten. Nachdem dessen Widerspruch erfolglos geblieben war (LG Bochum, Beschluss vom 09.10.2009, Az. I-14 O 187/09), wies das OLG Hamm auch die Berufung des Konkurrenten zurück (OLG Hamm, Urteil vom 20.05.2010, Az. I-4 U 225/09). Sein Einwand, er habe von der wettbewerbswidrigen Optimierung der Plattform durch den Betreiber keine Kenntnis gehabt, ließ das Gericht unter Verweis auf die Atemtest-Entscheidung des BGH vom 23.06.2005, Az. I ZR 194/02 nicht gelten. Danach setzt eine unlautere Zuwiderhandlung allein ein objektiv rechtswidriges Verhalten voraus – hier das Anbieten von Ware an Endverbraucher ohne Erteilung der erforderlichen Informationen. Auf die Kenntnis des Abgemahnten vom Wettbewerbsverstoß oder ein etwaiges Verschulden kommt es dagegen nicht an.
Fazit:
Apple & Co. haben den M-Commerce als Absatzplattform salonfähig gemacht. Händlern ist jedoch nicht bewusst, dass immer mehr Handelsplattformen über Shopping-Applikationen für mobile Geräte verfügen, an denen jeder auf der Plattform tätige Händler automatisch mit seinen Angeboten teilnimmt. Das heißt: Schon mit Angebotseinstellung auf der Internetseite der Handelsplattform drohen Händlern Abmahnungen, wenn die Plattform vom Betreiber in wettbewerbswidriger Weise für mobile Commerce aufbereitet wurde. Ob der einzelne Anbieter von den Wettbewerbsverstößen Kenntnis hatte, ist unerheblich. Händler sollten sich daher informieren, ob die von ihnen genutzte Plattform Apps vertreibt und wie diese gestaltet und strukturiert sind. Bei nicht gesetzeskonformen Apps ist daher zu raten, gründlich abzuwägen, ob sich der Handel auf der betroffenen Plattform weiter lohnt.
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