Alte Widerrufsbelehrung wettbewerbswidrig?

Spätestens seit dem 4. November 2011 müssen Betreiber von Online-Shops oder Händler bei eBay oder Amazon Marketplace die neue Widerrufsbelehrung nach dem aktuellen gesetzlichen Muster (Anlage 1 zu Art. 246 § 2 EGBGB) verwenden.

Die aktuelle Musterwiderrufsbelehrung enthält nach entsprechender Vorgabe des EuGH im Wesentlichen einen neu gefassten Hinweis auf die Wertersatzpflicht des Verbrauchers, wenn dieser die Ware entweder gar nicht oder nur beschädigt zurückschicken kann. Viele Händler haben die neue Widerrufsbelehrung auch nach Ablauf der Schonfrist leider noch immer nicht umgesetzt, sodass sich die Frage stellt, ob diese Händler wegen der Verwendung der alten Widerrufsbelehrung abgemahnt werden können. Schließlich weicht die neue Widerrufsbelehrung von der alten nur in wenigen Passagen ab.

Das Oberlandesgericht Hamm hat kürzlich entschieden, dass die Verwendung einer alten Fassung der Widerrufsbelehrung, im streitgegenständlichen Fall eine solche, die ab dem 11.06.2010 nicht mehr verwendet werden durfte, als wettbewerbswidrig abgemahnt werden kann (OLG Hamm, Urt. v. 13.10.2011, Az.: I-4 U 99/11). Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung hatte noch auf Vorschriften der BGB-InfoV verwiesen, die im Juni 2010 bereits aufgehoben worden ist. In der ersten Instanz hatte das LG Essen eine entsprechende einstweilige Verfügung eines Mitbewerbers gerichtet auf Unterlassung der Verwendung einer veralteten Widerrufsbelehrung erlassen, die nun in zweiter Instanz durch das OLG Hamm bestätigt wurde. Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ist dabei auch nicht der Auffassung des Verfügungsbeklagten gefolgt, wonach es sich lediglich um einen Bagatellverstoß handele. Die Vorschriften über das Widerrufsrecht seien für den Verbraucherschutz von zentraler Bedeutung, sodass der Händler entsprechend korrekt auf das Bestehen und die Modalitäten der Ausübung des Widerrufsrechts hinweisen müsse. Die Schwelle der tatsächlichen Spürbarkeit sei in aller Regel dann überschritten, wenn der Unternehmer Informationspflichten, die er gegenüber dem Verbraucher zu erfüllen hat, verletzt. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Informationspflicht über das Widerrufs- oder Rückgaberecht verletzt werde, so der Senat in seiner Urteilsbegründung.

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt deutlich, dass auch aktuell eine nicht unerhebliche Abmahngefahr für Händler besteht, die noch nicht die neue Widerrufsbelehrung verwenden. Zwar ging es in dem Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte, um eine bereits im Juli 2010 veraltete Widerrufsbelehrung, die noch einen Verweis auf die Geltung der inzwischen aufgehobenen Vorschriften der BGB-InfoV enthielt. Doch dürfte der Fall auf die aktuelle Situation übertragbar sein, wenn der Händler eine Widerrufsbelehrung verwendet, die noch nicht die neu gefassten Hinweise zur Wertersatzpflicht des Verbrauchers aufweist, da der Verbraucher auf diese Weise nicht hinreichend über die aktuelle Rechtslage hingewiesen wird. Hintergrund der Neufassung ist nämlich im Wesentlichen eine Gesetzesänderung in Form des neugefassten § 312e BGB, der durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahre 2009 geändert werden musste.

Wenn ein Online-Händler dem Verbraucher statt dem gesetzlichen Widerrufsrecht ein Rückgaberecht einräumen möchte, so ist seit dem 4. November 2011 entsprechend eine ebenfalls neugefasste Rückgabebelehrung zu verwenden. Anderenfalls kann der Händler auch insoweit abgemahnt werden.

Online-Händlern ist daher dringend zu empfehlen, die neue Fassung der Widerrufsbelehrung nach dem gesetzlichen Muster zu verwenden, sofern dies noch nicht geändert wurde. Bei der konkreten Formulierung der Widerrufsbelehrung ist aber Vorsicht geboten, zumal das gesetzliche Muster zahlreiche Hinweise für unterschiedliche Fallgestaltungen enthält und daher individuell angepasst werden muss. Dies sollte tunlichst einem spezialisierten Rechtsanwalt übertragen werden, um zusätzliche Abmahnrisiken einzudämmen.

 

 


 

 

 

RA Christan WelkenbachAutor/Quelle

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht)
Christian Welkenbach
Der Beitrag wurde vom Mainzer Rechtsanwalt Christian Welkenbach (Res
Media Kanzlei für IT- und Medienrecht
www.res-media.net) zur Verfügung
gestellt.
Rechtsanwalt Welkenbach ist Spezialist für IT- Recht, Internetrecht und
Gewerblichen Rechtsschutz, hält regelmäßig Fachvorträge zu IT- und
internetrechtlichen Themen und schreibt entsprechende Fachbeiträge, u. a.
online über
www.blog-it-recht.de und www.blog-markenrecht.de.

 

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