Im Zeitalter der Massenwerbung, in dem jeden Tag tausendfach Werbung auf den einzelnen Verbraucher einprasselt, in der jedes Produkt von sich behauptet, das beste, tollste, schönste zu sein, bekommt eine Form der Werbung wieder Hochkonjunktur, die so alt ist, wie der Handel mit Waren und Dienstleistungen selbst - die Mundpropaganda. Heute jedoch natürlich im Kleid des Web 2.0. So dürfte kaum ein Kunde heute noch ein Buch oder einen Fernseher in einem der vielen Online-Shops kaufen, bevor er nicht auch die Rezensionen anderer Käufer gelesen hat. Und so wird aus der subjektiven Aussage eines anderen Menschen ein echtes, handfestes Kriterium für Qualität und damit ein Verkaufsargument. Werbung findet heute zunehmend in sozialen Netzwerken, Blogs, Foren, durch Nutzerbewertungen und Rezensionen statt.
Mit dieser Entwicklung steigt auch das Interesse der Unternehmen, hier „steuernd“ einzugreifen. Dass ein solches Einschreiten nicht ohne Weiteres und ohne Einschränkung sinnvoll und zulässig sein kann, liegt auf der Hand. Gleichwohl ist die Grenze des Erlaubten nicht immer einfach zu ziehen. Auch die folgenden Ausführungen können daher immer nur einen Anhaltspunkt bieten und keine Prüfung im Einzelfall ersetzen.
Einmal ist keinmal? Folgen unlauterer Werbemaßnahmen
Dass es sich nicht um eine bloße Frage der guten Sitten handelt, zeigt ein kurzer Blick auf die drohenden Konsequenzen allzu sorgloser „Korrekturmaßnahmen“. Es drohen zum einen Abmahnungen durch die Verbraucherzentralen und von Mitbewerbern. Diese können schnell mehrere tausend Euro kosten und nur durch die Abgabe von Unterlassungserklärungen entschärft werden, welche jedoch empfindliche Vertragsstrafen für jeden einzelnen weiteren Verstoß in der Zukunft nach sich ziehen. Zum anderen nehmen Verbraucher solche Korrektureingriffe oft geradezu als Betrug wahr. Die so entstehenden Imageschäden sind oft sogar schwerwiegender, weil schwerer zu beseitigen, als die unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen.
Wie ist die Rechtslage?
Die Besonderheit von Nutzerbewertungen, aber auch von Einträgen in Blogs, Foren oder sozialen Netzwerken, ist gerade der Umstand, dass sie dem Verbraucher unabhängig und nicht als Werbung erscheinen. Nur deshalb werden die dort getroffenen Aussagen gegenüber klassischer Werbung als glaubwürdiger empfunden.
Nach dem Gesetz muss ein Verbraucher zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, Werbung auch als solche zu erkennen. Dieses Verbot der sog. Schleichwerbung durchzieht die gesamte Rechtsordnung. § 7 Abs. 7 Satz 1 Rundfunkstaatsvertrag verbietet sie im Fernsehen, § 6 Abs.1 Nr.1 Telemediengesetz enthält ein Verbot im Rahmen von Internetangeboten und nach § 4 Nr. 3 UWG handelt allgemein derjenige unlauter und damit wettbewerbswidrig, der den Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen verschleiert. Sogar Zeitungsverlage sind strikt angehalten, den redaktionellen Teil von den Werbeanzeigen deutlich zu trennen. Nutzerbewertungen in sozialen Netzwerken, Online-Shops, Blogs oder Foren fallen daher dann unter das Verbot der Schleichwerbung, wenn sie entgegen dem Schein der Unabhängigkeit unter unzulässiger Beeinflussung oder gar Federführung durch ein Unternehmen zustande gekommen sind und so ihren werbenden Charakter verschleiern.
Eigenlob stinkt zwar nicht zwangsläufig - ist jedoch trotzdem verboten!
Die praktisch einfachste, aber auch verhängnisvollste Methode positive Bewertungen zu „generieren“ ist das Verfassen von Bewertungen durch das Unternehmen selbst, beispielsweise über gefälschte Profile und Accounts. Selbstverständlich sind solche Eigenbewertungen, die anonym oder unter Pseudonymen veröffentlicht werden und dadurch ihren werbenden Charakter verschleiern, grob wettbewerbswidrig und verboten. Gleichwohl können auch vermeintlich private Aussagen von Mitarbeitern oder Freunden und Verwandten unter dem gleichen Gesichtspunkt zum Problem werden, wenn deren Aussagen dem Unternehmen zugerechnet werden können.
So hat beispielsweise das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 24.04.2012 (Az. 312 O 715/11) entschieden, dass der Kommentar eines Mitarbeiters in einem fremden Blog seiner Arbeitgeberin zuzurechnen und damit unlauter ist, weil der werbende Charakter des Blogbeitrags verschleiert werde. Der Mitarbeiter hatte seine Arbeitgeberin dabei als „beste Rechtsschutzversicherung" beschrieben und seinen Beitrag zudem von einer IP-Adresse der Versicherung gepostet. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es jeder Lebenswahrscheinlichkeit widerspreche, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitsplatz aus einen Blogbeitrag, der massiv zugunsten seines Arbeitgebers ist, schaltet, und sich dabei rein privat äußert.
Diese vom Gericht aufgestellte Vermutung greift in dieser Form bei Freunden und Verwandten sicher nicht. Diesen ist es, solange dies aus freien Stücken passiert, in ihrer Eigenschaft als Privatpersonen selbstverständlich gestattet auch positive Bewertungen über das Unternehmen eines Bekannten oder Verwandten, bzw. dessen Produkte zu veröffentlichen. Gleichwohl ist auch hier zu bedenken, dass es gerade auch mit Blick auf die bereits angesprochenen Imageschäden sicher keinen guten Eindruck hinterlässt, wenn derart persönlich vorbelastete Personen die Bewertungsstatistiken des Unternehmens „aufhübschen“.
Bewertungen durch echte Kunden
Grundsätzlich unproblematisch sind indes Bewertungen, die von „echten“ Kunden abgegeben werden. Solange diese nicht durch eine unzulässige Beeinflussung durch das bewertete Unternehmen zustande kommen, handelt es sich insoweit nicht um Werbung. Der Kunde handelt hier schlicht in nicht anzugreifender Weise in Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung.
Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist es sogar die Kunden um die Abgabe von (positiven) Bewertungen zu bitten. Dies gilt zumindest solange, wie dies beispielsweise im Rahmen von Auftragsbestätigungen, Rechnungen oder des eigenen Internetauftritts geschieht. Zu vermeiden ist jedoch eine solche Bitte mittels gesonderter E-Mails oder sonstiger vom eigentlichen Kundenkontakt abweichenden Kontaktaufnahmen vorzubringen. Eine solche Kontaktaufnahme ist bereits deshalb wettbewerbswidrig, weil es sich hierbei schlicht um sog. unverlangte Werbung, also „Spam“ handelt.
Eine Hand wäscht die andere? - Rabatte für positive Bewertungen
Problematisch wird das Agieren des Unternehmens hinsichtlich einer Beeinflussung auch dann, wenn der Kunde für eine Bewertung eine Gegenleistung erhalten soll. Dabei genügt es, wenn der Kunde generell zur Abgabe einer Bewertung aufgefordert wird. Eine explizite Aufforderung zur Abgabe einer positiven Bewertung ist nicht erforderlich. Das OLG Hamm hat in diesem Zusammenhang mit Urteil vom 23.11.2010 (Az. 4 U 136/10) über folgenden Fall entschieden:
Ein Online-Händler hatte an seine Kunden einen E-Mail-Newsletter unter anderem mit folgendem Inhalt versandt:
„Sie sind von uns begeistert oder wollen einfach Ihre Meinung über uns mit anderen teilen? Wenn Sie innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt unserer Waren eine Bewertung auf dem folgenden Meinungsportal abgeben (...) und uns eine Kopie der Bewertung per Email senden, erhalten Sie von uns nachträglich einmalig einen Preisrabatt von 10 % auf den Warenwert Ihrer letzten Bestellung (Überweisung auf Ihr Konto).“
Das Gericht hat hierin „gekaufte Bewertungen“ und damit einen Wettbewerbsverstoß gesehen, da die Kunden durch die angebotenen Rabatte beeinflusst worden und bei der Abgabe ihres Urteils über die Qualität der Produkte nicht frei und unbeeinflusst gewesen seien.
Höchste Zurückhaltung ist abschließend geboten, wenn es um die Rücknahme negativer Bewertungen geht. Zwar ist für den Absatzerfolg nichts tödlicher als negative Kundenbewertungen. Oft reichen nur wenige negative Bewertungen aus, um einen deutlichen Rückgang der Bestellungen auszulösen. Solche Bewertungen sind umso ärgerlicher, wenn sie ungerechtfertigt sind oder schlicht einem Missverständnis entspringen. Hier liegt es nahe dem Kunden eine Korrektur seiner Bewertung schmackhaft zu machen.
Während jedoch das Ködern eines unzufriedenen Kunden zu dessen Rückgewinnung natürlich auch mit Rabattangeboten unproblematisch möglich ist, sollte es tunlichst unterlassen werden, einen Rabatt für die Rücknahme einer negativen Bewertung anzubieten oder auch nur den Eindruck zu erwecken zwischen der Bitte um Rücknahme und dem Rabatt bestünde ein Zusammenhang. Eine solche Verknüpfung stellt gerade eine unzulässige Einflussnahme dar, die der folgenden Bewertung ihre Unabhängigkeit nimmt und ihr damit werbenden Charakter zukommen lässt.
Fazit
So verlockend die Versuchung den eigenen Bewertungen etwas nachzuhelfen auch sein mag, die enormen Risiken sollten dabei immer bedacht werden. Erlaubt ist grundsätzlich das einfache Bitten um eine (gerne auch positive) Bewertung. Problematisch wird es jedoch, wenn der Eindruck entsteht, die Kunden seien hinsichtlich ihrer Bewertungen beeinflusst worden, beispielsweise durch die Gewährung von Rabatten. Auch hinsichtlich der Aktivitäten der eigenen Mitarbeiter, Freunde oder Verwandten ist Vorsicht geboten, denn neben den rein juristischen Risiken muss eben auch immer im Auge behalten werden, dass ein mühsam aufgebauter guter Ruf durch ein paar unbedachte Aktionen schnell zerstört werden kann.
Autor/Quelle
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Informationstechnologie Sabine
Heukrodt-Bauer
Der Beitrag wurde von der Mainzer Rechtsanwältin Sabine Heukrodt-Bauer
zur Verfügung gestellt. Frau Heukrodt-Bauer ist Spezialistin für Internetrecht,
als Gastdozentin bei Fachhochschulen tätig und hält in Deutschland
regelmäßig Vorträge zum Thema „Rechtssicherheit im E-Commerce“. Mit
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Im Internetzeitalter informieren sich Kunden vor dem Kauf vor allem an Rezensionen anderer Käufer. Und so wird aus der Bewertung eines anderen Menschen ein echtes, handfestes Verkaufsargument. Mit dieser Entwicklung steigt auch das Interesse der Unternehmen, hier „steuernd“ einzugreifen. Fachanwältin Heukrodt-Bauer zeigt auf, wo die Grenzen des Erlaubten liegen und welche Bewertungsmanipulationen zu Abmahnungen und Vertragsstrafen führen können.
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